Rechtsgebiete

Tatsächliche Anschrift ist maßgeblich!

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Klage einer Wohnungseigentümerin gegen ihre Gemeinschaft unzulässig ist, weil die Klägerin ihre Wohnanschrift nicht angegeben hat. Die Klägerin hatte in ihrer Klageschrift lediglich die Anschrift eines Postdienstleisters angegeben, der ihre Post an sie weiterleitet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss die Klageschrift die ladungsfähige Anschrift der Klägerin enthalten. Eine ladungsfähige Anschrift ist eine Anschrift, unter der die Klägerin tatsächlich zu erreichen ist und die ernsthafte Möglichkeit der Übergabe eines zuzustellenden Schriftstückes an sie besteht.

Die Anschrift des Postdienstleisters ist keine ladungsfähige Anschrift der Klägerin, da die Klägerin sich dort nicht aufhält und der Postdienstleister nicht bevollmächtigt ist, zuzustellende Schriftstücke für die Klägerin entgegenzunehmen.

Die Klägerin hat auch keine Gründe vorgetragen, warum ihr die Angabe ihrer Wohnanschrift nicht möglich oder zumutbar wäre.

Fazit:

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat zur Folge, dass eine Klage einer Person, die ihre Wohnanschrift nicht angibt, unzulässig ist. Dies gilt auch für Klagen von Wohnungseigentümern gegen ihre Gemeinschaft. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist folgerichtig. Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift ist eine wesentliche Voraussetzung für die Durchführung eines geordneten Rechtsstreits. Wenn eine Partei ihre Anschrift nicht angibt, ist es für die Gegenpartei und das Gericht nicht möglich, sie zu erreichen und ihr zuzustellende Schriftstücke zu übermitteln. Dies kann zu Verzögerungen und erheblichen Nachteilen für die Parteien führen.

BGB Urteil vom 07.Juli 2023, Az: V ZR 210/22

vorgehend LG Frankfurt, 6. Oktober 2022, Az: 2-13 S 102/21
vorgehend AG Frankfurt, 1. Oktober 2021, Az: 92 C 1330/21 



Weshalb wird ein Trennungsjahr bei einer Scheidung verlangt?

Es gibt mehrere Gründe für das Trennungsjahr:

  • Es soll den Eheleuten Zeit geben, sich auf die Scheidung einzustellen. Das kann für beide Seiten eine schwierige und emotionale Zeit sein. Das Trennungsjahr soll den Eheleuten helfen, sich voneinander zu lösen und eine neue Lebenssituation zu finden.
  • Es soll die Ehe noch einmal retten. In einigen Fällen kann es sein, dass die Eheleute sich nach dem Trennungsjahr wieder versöhnen. Das Trennungsjahr soll ihnen diese Möglichkeit geben.
  • Es soll das Kindwohl schützen. Wenn Kinder involviert sind, ist es wichtig, dass sie Zeit haben, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Das Trennungsjahr soll den Kindern helfen, sich an das Leben mit getrennten Eltern zu gewöhnen.

In Deutschland ist das Trennungsjahr in § 1566 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Es beginnt mit dem Tag, an dem die Eheleute getrennt leben.

§ 1566 BGB Vermutung für das Scheitern. (1) Es wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt.

In der Praxis wird das Trennungsjahr von den Gerichten in den meisten Fällen anerkannt. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen das Gericht das Trennungsjahr nicht anerkennt, wenn es Gründe dafür gibt, dass die Eheleute nicht wirklich getrennt leben.



Geschäftsführerhaftung auf Mindestlohn gegenüber Arbeitnehmern?

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, das Arbeitnehmer keinen persönlichen Regress bei einem Geschäftsführer nehmen können, wenn das Unternehmen das Mindestlohngesetzt verletzt.

Das Gericht führt im Leitsatz zur Entscheidung 8 AZR 120/22 vom 30.3.2023 aus:

„Geschäftsführer einer GmbH haften gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der GmbH nicht deshalb auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB, weil sie im Einzelfall nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG iVm. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG für Verstöße der GmbH gegen ihre Verpflichtung aus § 20 MiLoG, ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen, bußgeldrechtlich verantwortlich sind. Der Bußgeldtatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 9 iVm. § 20 MiLoG stellt – ungeachtet des § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG – kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der GmbH in ihrem Verhältnis zu dem/den Geschäftsführer/n der Gesellschaft dar.“

Quelle:



Keine Erstattung einer Personalvermittlungsprovision durch den Arbeitnehmer

Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber eine von ihm für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB* unwirksam.

………

Die genannte Regelung in § 13 des Arbeitsvertrags – bei der es sich um eine kontrollfähige Einmalbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB** handelt – benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB* unwirksam. Der Kläger wird hierdurch in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründete Interessen der Beklagten gerechtfertigt wäre. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beendet. Es besteht deshalb kein billigenswertes Interesse der Beklagten, solche Kosten auf den Kläger zu übertragen. Der Kläger erhält auch keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könnte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juni 2023 – 1 AZR 265/22 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. Mai 2022 – 4 Sa 3/22 –

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht vom 20.06.2023



Eltern haften für Ihre Kinder

Die Mutter hatte ihr 2 ½-jähriges Kind im Auto unangeschnallt im Kindersitz gelassen, um noch etwas aus dem Haus zu holen. Auf dem Armaturenbrett lag der Autoschlüssel. Das Kind hat es geschafft das Auto zu starten, welche einen Satz machte und die Oma des Kindes verletzte. Die Krankenkasse der Oma verlangt Regress für die Heilbehandlungskosten der Oma.

In zweiter Instanz, durch das OLG Oldenburg, Urteil vom 20.04.2023 – 14 U 212/22, erhielt die Kasse Recht.

Das Oberlandesgericht Oldenburg stellte fest, dass die Mutter für ihr Kind aufsichtspflichtig gewesen sei. Kleinkinder bedürften generell ständiger Aufsicht. Sie hätte weder den Autoschlüssel, noch das Kind unangeschnallt bzw. unbeaufsichtigt, zurücklassen dürfen. Kleine Kinder griffen erfahrungsgemäß gern nach Schlüsseln und versuchten diese in Schlösser hineinzustecken und Erwachsenen nachzuahmen. Solche komplexen Abläufe, wie das Starten eines Fahrzeuges, sind somit kein völlig außergewöhnlich Verhalten eine Kindes. Wäre die Mutter Ihrer Pflicht nachgekommen, wäre dieser Unfall nicht geschehen.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg, Pressemitteilung vom 22.05.2023



Kündigung einer nicht gegen das Coronavirus geimpften medizinischen Fachangestellten

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften medizinischen Fachangestellten zum Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB*.

Die Klägerin arbeitete seit dem 1. Februar 2021 als medizinische Fachangestellte bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt. Die Klägerin wurde auf verschiedenen Stationen in der Patientenversorgung eingesetzt. Sie war nicht bereit, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen und nahm entsprechende Impfangebote ihrer Arbeitgeberin nicht wahr. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG** mit Schreiben vom 22. Juli 2021 ordentlich fristgemäß zum 31. August 2021. Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt und insbesondere geltend gemacht, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Vor Wirksamwerden der ab dem 15. März 2022 geltenden Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises für das Krankenhauspersonal (vgl. § 20a IfSG) sei sie nicht zu einer Impfung verpflichtet gewesen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt. Es fehlt an der dafür erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers. Das wesentliche Motiv für die Kündigung war nicht die Weigerung der Klägerin, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal. Dabei ist es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden ist. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen keine Bedenken an der Wirksamkeit der Kündigung.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. März 2023 – 2 AZR 309/22 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. Juli 2022 – 5 Sa 461/21 –

Hinweis:

Der Senat hatte wegen der nicht erfüllten Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht darüber zu entscheiden, ob eine Kündigung wegen fehlender Bereitschaft, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 KSchG ist.

*§ 612a BGB lautet:
„§ 612a Maßregelungsverbot
Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.“

**§ 1 Abs. 1 KSchG lautet:
„§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.“

Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 30.03.2023



Untervermietung einer Einzimmerwohnung zulässig?

Ein Mieter will für ein Jahr ins Ausland und will seine Einzimmerwohnung untervermieten. Der Vermieter verweigert seine Zustimmung . Das Landgericht Berlin bestätigte das Recht des Mieters auf Untervermietung ( LG Berlin, Urteil vom 07.04.2022 – 67 S 7/22)

„Zielsetzung des § 553 Abs. 1 BGB, dem Mieter den Wohnraum zu erhalten, ein großzügiger Maßstab anzulegen und ein berechtigtes Interesse von vornherein nur dann zu verneinen, wenn die Mietpartei die Sachherrschaft über die Wohnung endgültig und vollständig zu Gunsten einer anderen Person verliert.“ so das Landgericht.

==> Ist es möglich, eine Einzimmerwohnung nur unterzuvermieten?

 „553 Abs. 1 BGB stellt bereits keine quantitativen Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums auf….“, so das Landgericht.

==> Aber Untervermietung ist doch vom Mieter eine Aufgabe seiner gesamten (Einraum-) Wohnung?

Es genügt, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt. Es reicht, wenn der Mieter in der Wohnung einen Bereich behält, in dem er seine Gegenstände lagert und durch einen Schlüssel noch Zugang zur Wohnung hat.

==> Was reicht als berechtigtes Interesse aus?

Als erhebliches Interesses genügt, dass der Mieter einen zeitlich beschränkten Auslandsaufenthalt beabsichtigt und die Verringerung der finanziellen Belastung durch die Untervermietung durchzuführen möchte, um somit diese Wohnung erhalten zu können.



Unfallflucht, Schadenshöhe, Führerscheinentzug

Gemäß § 69 StGB kann die Entziehung der Fahrerlaubnis im Falle einer Unfallflucht (des unerlaubten Entfernens vom Unfallort, §142 StGB) angeordnet werden, wenn an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist.

Das Landgericht Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.06.2020 – Az: 5/9a Qs 29/20) hat klargestellt, dass es von einem bedeutenden Schaden bei einem Sachschaden von 1600,- Euro inklusive Umsatzsteuer ausgeht. Ob der tatsächlich von der Versicherung zu regulierende Schaden deutlich niedriger ist, z.B. wegen Vorsteuerabzugsfähigkeit, Alter des Fahrzeuges etc. , sein nichtmaßgeblich. Es kommt darauf an, welcher Reparaturschaden zum Zeitpunkt des Unfalls für die Beteiligten erkennbar ist und deshalb nicht von einer nachträglichen wirtschaftlichen Betrachtung abhängen kann.

=> 1600,- Euro, das kostet der Parkrempler schon nicht! ?

Einige Gerichte gehen auch von niedrigern Eurobeträgen aus, die als „bedeutender Schaden“ gewertet werden .

=> Woher soll ich „Wissen“, was so ein Kratzer kosten?

Das Augenmerk liegt beim Tatbestandselement des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) auch auf folgenden Punkt: „… obwohl der Täter weiß oder wissen kann …“.

Der Bereich „wissen kann“, kann und wird von den Gerichten nicht großzügig ausgelegt. „Angebliche kleine Schäden“ können heute bei Vertragswerkstätten schnell über 1000,- Euro Reparaturkosten betragen, dieses ist den Gerichten bekannt. Somit wird angenommen, dass diese auch jedem Autofahrer bekannt sein kann / ist.

=> Dann wird das Gericht nicht so kleinlich sein! ? ?

Unfallflucht ist der Versuch, sich der Rechtsordnung zu entziehen und diese zu behindern, weshalb die Gerichte hier gerade nicht unbedingt großzügig entscheiden.

=> Deshalb muss ich ja nicht meinen Führerschein verlieren! ?

§ 69 StGB sagt bereits per se: „… so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.“



Covid: Testanordnung vom Arbeitgeber

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Anordnung einer Testpflicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 2 Gewerbeordnung (GewO) gedeckt ist. Das gebietet die Fürsorgepflicht gemäß § 618 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch im Rahmen der Umsetzung von arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen.

BAG – 5 AZR 28/22 – vom 01.06.2022

Hierbei ist der Einzelfall jedoch abzuwägen und beim Bestehen eines Betriebs- oder Personalrates, ist dieser, gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1, 7 BetrVG bzw. § 80 Abs. 1 Nr. 16, 18 BPersVG, zu beteiligen.


Grundlage u.a.

§ 618 Pflicht zu Schutzmaßnahmen, BGB
(1) Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.
(2) Ist der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der Dienstberechtigte in Ansehung des Wohn- und Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit diejenigen Einrichtungen und Anordnungen zu treffen, welche mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des Verpflichteten erforderlich sind.
(3) Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatz die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§ 842 bis 846 entsprechende Anwendung.

§ 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers, Gewerbeordnung
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.


Covid: Kündigung – falscher Genesenennachweis

Das Arbeitsgericht Berlin hat eine außerordentliche Kündigung eines Mitarbeiters bestätigt, der seinem Arbeitgeber einen falschen Genesenennachweis vorgelegt hat.

Arbeitsgericht Berlin, Urt. vom 26.04.2022 – 58 Ca 12302/21

Quelle: Arbeitsgericht Berlin, Pressemitteilung (12/22) vom 30.05.2022



Rückzahlung von „Corona Beiträgen“.

Der BHG hat entschieden, dass die „Corona Gutscheinlösung“ des Gesetzgebers abschließend ist und somit keinen Raum für andere Anpassungen gemäß § 313 Abs. 1 BGB besteht. In der Pressemitteilung hat der BGH für diese Fallkonstellation klar dargelegt und begründet, warum sich der Kunde nicht auf andere Regelungen einlassen muss und seine gezahlten Beiträge zurückfordern kann.

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 4.5.2022

Zahlungspflicht bei coronabedingter Schließung eines Fitnessstudios

Urteil vom 4. Mai 2022 – XII ZR 64/21

Der u.a. für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte die Frage zu entscheiden, ob die Betreiberin eines Fitness-Studios zur Rückzahlung von Mitgliedsbeiträgen verpflichtet ist, welche sie in der Zeit, in der sie ihr Fitnessstudio aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie schließen musste, von einem Kunden per Lastschrift eingezogen hat.

Die Parteien schlossen am 13. Mai 2019 einen Vertrag über die Mitgliedschaft im Fitnessstudio der Beklagten mit einer Laufzeit von 24 Monaten, beginnend ab dem 8. Dezember 2019. Der monatliche Mitgliedsbeitrag, der im Lastschriftverfahren eingezogen wurde, betrug 29,90 € nebst einer halbjährigen Servicepauschale. Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie musste die Beklagte das Fitnessstudio in der Zeit vom 16. März 2020 bis 4. Juni 2020 schließen. Die Monatsbeiträge für diesen Zeitraum zog sie weiterhin vom Konto des Klägers ein.

Eine vom Kläger mit Schreiben vom 7. Mai 2020 erklärte Kündigung seiner Mitgliedschaft zum 8. Dezember 2021 wurde von der Beklagten akzeptiert.

Mit Schreiben vom 15. Juni 2020 verlangte der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der per Lastschrift eingezogenen Mitgliedsbeiträge für den Zeitraum vom 16. März 2020 bis 4. Juni 2020.

Nachdem eine Rückzahlung nicht erfolgte, forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm für den Schließungszeitraum einen Wertgutschein über den eingezogenen Betrag auszustellen.

Die Beklagte händigte dem Kläger keinen Wertgutschein aus, sondern bot ihm eine „Gutschrift über Trainingszeit“ für den Zeitraum der Schließung an. Dieses Angebot nahm der Kläger nicht an.

Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung der Monatsbeiträge für den Schließungszeitraum in Höhe von 86,75 € nebst Zinsen und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Ihre hiergegen gerichtete Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen. Die vom Landgericht zugelassene Revision, mit der die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage erreichen wollte, hatte keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Kläger gemäß §§ 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 346 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der für den Zeitraum der Schließung entrichteten Monatsbeiträge hat.

Diesem Rückzahlungsanspruch des Klägers kann die Beklagte nicht entgegenhalten, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahingehend anzupassen, dass sich die vereinbarte Vertragslaufzeit um die Zeit, in der das Fitnessstudio geschlossen werden musste, verlängert wird.

Gemäß § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Rechtliche Unmöglichkeit ist gegeben, wenn ein geschuldeter Erfolg aus Rechtsgründen nicht herbeigeführt werden kann oder nicht herbeigeführt werden darf. So liegt der Fall hier.

Während des Zeitraums, in dem die Beklagte aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ihr Fitnessstudio schließen musste, war es ihr rechtlich unmöglich, dem Kläger die Möglichkeit zur vertragsgemäßen Nutzung des Fitnessstudios zu gewähren und damit ihre vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht zu erfüllen.

Obwohl die Beklagte das Fitnessstudio im Hinblick auf die zeitliche Befristung der Corona-Schutzmaßnahmen lediglich vorübergehend schließen musste, liegt kein Fall einer nur vorübergehenden Unmöglichkeit vor, die von § 275 Abs. 1 BGB nicht erfasst würde. Ein nur zeitweiliges Erfüllungshindernis ist dann einem dauernden gleichzustellen, wenn durch das Hindernis die Erreichung des Vertragszwecks in Frage gestellt ist und der einen oder anderen Partei bei billiger Abwägung der beiderseitigen Belange nicht mehr zugemutet werden könnte, die Leistung dann noch zu fordern oder zu erbringen. Wird – wie im vorliegenden Fall – für einen Fitnessstudiovertrag eine mehrmonatige feste Vertragslaufzeit gegen Zahlung eines monatlich fällig werdenden Entgelts vereinbart, schuldet der Betreiber des Fitnessstudios seinem Vertragspartner die Möglichkeit, fortlaufend das Studio zu betreten und die Trainingsgeräte zu nutzen. Der Zweck eines Fitnessstudiovertrags liegt in der regelmäßigen sportlichen Betätigung und damit entweder in der Erreichung bestimmter Fitnessziele oder zumindest der Erhaltung von Fitness und körperlicher Gesundheit. Aufgrund dessen sind für den Vertragspartner gerade die regelmäßige und ganzjährige Öffnung und Nutzbarkeit des Studios von entscheidender Bedeutung. Kann der Betreiber des Fitnessstudios während der vereinbarten Vertragslaufzeit dem Vertragspartner die Nutzungsmöglichkeit des Studios zeitweise nicht gewähren, etwa weil er – wie hier – das Fitnessstudio aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie schließen muss, kann dieser Vertragszweck für den Zeitraum der Schließung nicht erreicht werden. Die von dem Betreiber geschuldete Leistung ist deshalb wegen Zeitablaufs nicht mehr nachholbar.

Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass die Beklagte dem Rückzahlungsanspruch des Klägers nicht entgegenhalten kann, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahingehend anzupassen, dass sich die vereinbarte Vertragslaufzeit um die Zeit, in der das Fitnessstudio geschlossen werden musste, verlängert wird. Eine solche Vertragsanpassung wird zwar in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung teilweise vertreten. Diese Auffassung verkennt jedoch das Konkurrenzverhältnis zwischen § 275 Abs. 1 BGB und § 313 BGB. Eine Anpassung vertraglicher Verpflichtungen an die tatsächlichen Umstände kommt grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn das Gesetz in den Vorschriften über die Unmöglichkeit der Leistung die Folge der Vertragsstörung bestimmt. Daher scheidet eine Anwendung des § 313 BGB aus, soweit – wie im vorliegenden Fall – der Tatbestand des § 275 Abs. 1 BGB erfüllt ist.

Ein Anspruch der Beklagten auf die begehrte Vertragsanpassung scheidet auch deshalb aus, weil mit Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB eine speziellere Vorschrift besteht, die im vorliegenden Fall einem Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze zur Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage entgegensteht.

Grundsätzlich ist eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB nicht möglich, wenn der Gesetzgeber das Risiko einer Geschäftsgrundlagenstörung erkannt und zur Lösung der Problematik eine spezielle gesetzliche Vorschrift geschaffen hat. Bei der durch Art. 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsrecht und im Recht der Europäischen Gesellschaft (SE) und der Europäischen Genossenschaft (SCE) vom 15. Mai 2020 mit Wirkung vom 20. Mai 2020 (BGBl. I S. 948) eingeführten Vorschrift des Art. 240 § 5 EGBGB handelt es sich um eine solche spezialgesetzliche Regelung, die in ihrem Anwendungsbereich dem § 313 BGB vorgeht.

Zur Zeit der Schaffung dieser Vorschrift mussten aufgrund der umfangreichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Veranstaltungsverbote und Kontaktbeschränkungen eine Vielzahl von Veranstaltungen abgesagt und Freizeiteinrichtungen vorübergehend geschlossen werden. Daher konnten vielfach bereits erworbene Eintrittskarten nicht eingelöst werden. Ebenso konnten Inhaber einer zeitlichen Nutzungsberechtigung für eine Freizeiteinrichtung diese für eine gewisse Zeit nicht nutzen. Der Gesetzgeber befürchtete, dass die rechtliche Verpflichtung der Veranstalter oder Betreiber, bereits erhaltene Eintrittspreise oder Nutzungsentgelte zurückerstatten zu müssen, bei diesen zu einem erheblichen Liquiditätsabfluss führen würde, der für viele Unternehmen im Veranstaltungsbereich eine existenzbedrohende Situation zur Folge haben könnte. Zudem sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass Insolvenzen von Veranstaltungsbetrieben auch nachteilige Folgen für die Gesamtwirtschaft und das kulturelle Angebot in Deutschland haben könnten.

Um diese unerwünschten Folgen nach Möglichkeit zu verhindern, wollte der Gesetzgeber mit Art. 240 § 5 EGBGB für Veranstaltungsverträge, die vor dem 8. März 2020 abgeschlossen wurden, eine Regelung schaffen, die die Veranstalter von Freizeitveranstaltungen vorübergehend dazu berechtigt, den Inhabern von Eintrittskarten statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein in Höhe des Eintrittspreises auszustellen (Art. 240 § 5 Abs. 1 EGBGB), sofern die Veranstaltung aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte. Durch Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB wurde dem Betreiber einer Freizeiteinrichtung ebenfalls das Recht eingeräumt, dem Nutzungsberechtigten einen Gutschein zu übergeben, der dem Wert des nicht nutzbaren Teils der Berechtigung entspricht.

Durch diese „Gutscheinlösung“ hat der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Interessen sowohl der Unternehmer im Veranstaltungs- und Freizeitbereich als auch der Interessen der Kunden eine abschließende Regelung getroffen, um die Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungs- und Freizeitbereich abzufangen. Eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage findet daneben nicht statt.

Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:

§ 275 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

§ 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)

Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. […]

§ 326 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht. […]

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

Art 240 § 5 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch

(1) Wenn eine Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstige Freizeitveranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte oder kann, ist der Veranstalter berechtigt, dem Inhaber einer vor dem 8. März 2020 erworbenen Eintrittskarte oder sonstigen Teilnahmeberechtigung anstelle einer Erstattung des Eintrittspreises oder sonstigen Entgelts einen Gutschein zu übergeben. […]

(2) Soweit eine Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstige Freizeiteinrichtung aufgrund der COVID-19-Pandemie zu schließen war oder ist, ist der Betreiber berechtigt, dem Inhaber einer vor dem 8. März 2020 erworbenen Nutzungsberechtigung anstelle einer Erstattung des Entgelts einen Gutschein zu übergeben.

(5) Der Inhaber eines nach den Absätzen 1 oder 2 ausgestellten Gutscheins kann von dem Veranstalter oder Betreiber die Auszahlung des Wertes des Gutscheins verlangen, wenn

1. der Verweis auf einen Gutschein für ihn angesichts seiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist oder

2. er den Gutschein bis zum 31. Dezember 2021 nicht eingelöst hat.

Vorinstanzen:

LG Osnabrück – 2 S 35/21 – Urteil vom 9. Juli 2021

AG Papenburg – 3 C 337/20 – Urteil vom 18. Dezember 2020

Karlsruhe, den 4. Mai 2022

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501



Beweislast für Überstunden

Das Bundesarbeitsgericht hat bestätigt, dass die Beweislast bzgl. der geleisteten Arbeitszeiten weiterhin beim Arbeitnehmer liegt.

Auszuge aus der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts

„Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass vom Erfordernis der Darlegung der arbeitgeberseitigen Veranlassung und Zurechnung von Überstunden durch den Arbeitnehmer auch nicht vor dem Hintergrund der genannten Entscheidung des EuGH abzurücken ist. Diese ist zur Auslegung und Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und von Art. 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergangen. Nach gesicherter Rechtsprechung des EuGH beschränken sich diese Bestimmungen darauf, Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, um den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Sie finden indes grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer. Die unionsrechtlich begründete Pflicht zur Messung der täglichen Arbeitszeit hat deshalb keine Auswirkung auf die nach deutschem materiellen und Prozessrecht entwickelten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess.

Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, der Kläger habe nicht hinreichend konkret dargelegt, dass es erforderlich gewesen sei, ohne Pausenzeiten durchzuarbeiten, um die Auslieferungsfahrten zu erledigen. Die bloße pauschale Behauptung ohne nähere Beschreibung des Umfangs der Arbeiten genügt hierfür nicht. Das Berufungsgericht konnte daher offenlassen, ob die von der Beklagten bestrittene Behauptung des Klägers, er habe keine Pausen gehabt, überhaupt stimmt.“

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 4. Mai 2022 – 5 AZR 359/21 –

Vorinstanzen: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 6. Mai 2021 – 5 Sa 1292/20 –

Arbeitsgericht Emden, Teilurteil vom 9. November 2020 – 2 Ca 399/18 –

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht v. 04.05.2022



Covid: Kündigung wegen fehlender Corona-Schutzimpfung

Das Arbeitrsgericht Berlin hat entschieden:

Ein Arbeitgeber darf ein „2G-Modell“ durchsetzen und einer Mitarbeiterin noch vor Vertragsbeginn kündigen, die über keine Corona-Schutzimpfung verfügt, auch wenn die Mitarbeiterin anbietet ihm täglich Testnachweise vorzulegen. 

Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 03.02.2022, Aktenzeichen 17 Ca 11178/21

Quelle: Arbeitsgericht Berlin, Pressemitteilung (3/22) vom 2.3.2022



CC-Lizenz mit Einschränkung ist wertlos?

Der Kläger verlangte Schadensersatz in Höhe von 800,- Euro. Der Gegner hat ein Foto vom Kläger im Internet ohne Namensangabe des Klägers oder/und Link auf die klägerische Webseite verwendet. Der Kläger hatte das Foto mit einer Creative Common License (CC-Lizenz) an den Beklagten herausgegeben, welche die Namensnennung / Verlinkung vorsieht.

Aus diesem Grund setzt das Amtsgericht Würzburg den objektiven (Markt-) Wert des Bildes mit 0,- Euro an. Denn der Kläger verlangte grundsätzlich keine Geld für sein Bild.

Der übliche Verletzerzuschlag (Multiplikator) erhöht somit den Wert von 0,- Euro nicht.

Auch der Umstand, dass das Photo im Gegenzug der Namensnennung etc. als Werbemaßnahme weitergegeben wurde, ändert für das Amtsgerichts nichts. Ebenso muss der Kläger beweisen, dass die Namensnennung einen finanziellen nachweisbaren Wert für ihn besitzt, was er nicht konnte.

AG Würzburg, Urteil vom 23.07.2020 – AZ.: 34 C 2436/19)


Die Entscheidung liegt auf der Linie des Oberlandesgerichts Köln, Urteil vom 13.04.2018, AZ. 6 U 131/17.

 

Der BGH hat bereits im Urteil vom 15.01.2015, AZ. I ZR 148/13 festgestellt, dass ein Schadensersatzanspruch nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, nur weil der Urheber seine Bilder unter bestimmten Bedingungen zur kostenlosen Nutzung anbietet.

Was ist eine CC-Lizenz?

„Jede Creative-Commons-Lizenz stellt zudem sicher, dass Lizenzgebern die ihnen gebührende Anerkennung als Urheber des Werks zukommt. Jede Creative-Commons-Lizenz ist weltweit einsetzbar und gilt so lange, wie der Schutz des Urheberrechts andauert (denn unsere Lizenzen basieren auf dem Urheberrecht). Diese gemeinsamen Eigenschaften stellen den kleinsten gemeinsamen Nenner aller CC-Lizenzen dar, dem Lizenzgeber zusätzliche Erlaubnisse hinzufügen können, um festzulegen, wie ihr Werk genau genutzt werden darf.“

Quelle und weitere Infos unter: https://creativecommons.org/licenses/?lang=de



Erbe und soziale Netzwerke

Umfang der Erbschaft von Sozial Media Accounts

Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.

§ 1922 (1) BGB

Der BGH hat klar gestellt , dass die Erben den Zugriffe erhalten müssen, welcher auch der Verstorbene zum Todeszeitpunkt hatte.
Also einen ungehinderten Zugang zum Benutzerkonto und allen Daten. Allerdings ist damit nicht auch eine aktive Nutzung des Benutzerkontos verbunden. Eine Kopie der Daten des Accounts auf einen USB Stick als Pdf Dateien (im Fall eine PDF-Datei mit mehr als 14.000 Seiten) ist nicht ausreichend.

„.. den Erben die Möglichkeit einräumen muss, vom Konto und dessen Inhalt auf dieselbe Weise Kenntnis zu nehmen und sich – mit Ausnahme einer aktiven Nutzung – darin so „bewegen“ zu können wie zuvor die ursprüngliche Kontoberechtigte.“

Quelle: Pressemitteilung Nr. 119/2020 des BGH vom 09.09.2020

Bundesgerichtshof Beschluss vom 27. August 2020 – III ZB 30/20

Vorinstanzen:
LG Berlin – Beschluss vom 13. Februar 2019 – 20 O 172/15
Kammergericht – Beschluss vom 3. Dezember 2019 – 21 W 11/19
Basisurteil des Landgerichts Berlin vom 17. Dezember 2015 




Wiederverheiratung kein Kündigungsgrund.

Regelt der Arbeitsvertrag mit einer Kirche, dass bei einem leitenden Angestellten, gemäß dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche, eine ungültigen Ehe einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß darstellt, so ist diese Vertragsklausel unwirksam.

“ Mit seiner Wiederverheiratung verletzte dieser weder eine wirksam vereinbarte Loyalitätspflicht noch eine berechtigte Loyalitätserwartung der Beklagten.“ so das Gericht.

Hierbei ist zu beachten, dass eine Ungleichbehandlung vorliegt, wenn
andere leitende Mitarbeiter, die nicht katholisch sind, keiner solchen Vertragsvereinbarung unterliegen.

Hier liegt eine Benachteiligung wegen einer Religionszugehörigkeit vor. Die Kündigung des Arbeitsvertrages war unwirksam.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Februar 2019 – 2 AZR 746/14 –


Quelle: Bundesarbeitsgericht , Pressemitteilung Nr. 10/19



Arbeitgeber muss Urlaubsanspruch überwachen!

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Arbeitgeber, wenn er sich auf einen Verfall des Urlaubsanspruches berufen will, er dem Arbeitnehmer vorab über den Verfall informiert haben muss.

§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG sieht vor, dass Urlaub, der bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen wird, verfällt.

Diese Norm ist jedoch nach einer richtlinienkonformen Auslegung mit dem EU-Recht ( Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG -Arbeitzeitrichtlinie) anders als bisher zu behandeln. Der Arbeitgeber hat jetzt eine eigene gesonderte Pflicht den Arbeitnehmer rechtzeitig und eindeutig aufzufordern den Urlaub zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Jahres oder Übertragungszeitraums erlischt.


Bundesarbeitsgericht Urteil – 9 AZR 541/15 – vom 19.02.2019 –

Quelle: Bundesarbeitsgericht , Pressemitteilung vom 19.02.2019



Zustellung an Virtuelles Büro

Das OLG München (OLG München, Urteil,Az.: 29 U 8/17 vom 19.10.2017) hat entschieden, dass wenn ein Unternehmer nur ein sog. virtuelles Büro unterhält und dieses als Anschrift in seinem Impressum verwendet, hierin ein Wettbewerbsverstoß zu sehen ist. Im entschiedenen Fall konnte keine Zustellung unter dieser Adresse erfolgen.



Gilt die Mietpreisbremse, wenn ein Untermieter zum Mieter wird?

Im Falle des Amtsgerichts Neukölln, Urteil vom 11.10.2017, 20 C 19/17, wurde zwischen dem Vermieter, dem Mieter und dem Untermieter ein Vertrag geschlossen, dass der Mieter aus dem Mietvertrag ausscheidet und der Untermieter zum Mieter wird. Gleichzeitig wurde eine Erhöhung der Miete von bisher 508 EUR auf 813,12 EUR vereinbart. Alle Parteien unterschrieben den Vertrag.

Der neue Mieter klagte dann auf einen Verstoß gegen die „Mietpreisbremse“.

Die Mietpreisbremse bedeutet, es darf zu Beginn eines Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete nicht um mehr als 10% überschritten werden (§556 BGB).

Eine direkte Anwendung der Regelungen sah das Gericht nicht gegeben, da hier kein Neuabschluss im eigentlichen Sinne vorlag. Allerdings wurden, wie bei einem Neuabschluss, die wesentlichen Bestandteile des Vertrages, insbesondere Mieter und Mietzins neu geregelt. Dieses reichte dem Gericht zur analogen Anwendung aus.

Der neue Mieter konnte sich somit auf einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse stützen und hat Recht bekommen.

In diesem Fall sprachen noch andere Punkte, wie z.B. die Art der Vertragsgestaltung, für eine entsprechende Gesetzesanwendung. Ob dieses allerdings generell für alle Untermiet-Umwandlungsvereinbarungen angenommen werden kann, bleibt offen und wird im Einzelfall zu klären sein.

 



Wohnungsräumung nach Tod des Mieters

Verstirbt ein Alleinmieter, haften die Erben nicht nur für Mietschulden, sondern sie sind dann auch für die Räumung und Rückgabe der Mietwohnung zuständig.

Der Vermieter kann die Wohnung innerhalb eines Monats nach Kenntnis vom Tod des Mieters außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen.

Sind die Erben unbekannt, hat das Nachlassgericht auf Antrag des Vermieters gemäß § 1961 BGB eine Nachlasspflegschaft anzuordnen, damit der Vermieter seinen Anspruch gegen den Nachlass bzgl. der Räumung geltend machen kann.

Ohne einen „Antragsgegner / gegnerischen Bevollmächtigten“ der unbekannten Erben könnte der Vermieter seine Rechte nicht durchsetzen. Im Beschluss des Kammergerichts Berlin, 19 W 102/17 vom 2.8.2017, stellt das Gericht klar, dass das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger einsetzen muss.
Dass der verstorbene Mieter vermögenslos war, oder der Nachlass geringfügig (bedürftig) sein könnte, steht dem grundsätzlich nicht entgegen.

Das Nachlassgericht trägt auch nicht selbst die Kosten der Räumung, diese bleiben vorerst beim Vermieter, welcher sie gegen den Nachlass oder ggf. gegenüber bekannten Erben geltend machen kann.

Für viele Vermieter stehen jedoch nicht diese Kosten im Vordergrund, sondern sie möchten schnellstens die Wohnung wieder frei bekommen, um diese dann neu vermieten zu können.



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