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Umkleidezeit für Krankenhausmitarbeiter ist Arbeitszeit?

Was war der Fall?

Ein Krankenpfleger wollte für die Zeit bezahlt werden, die er zum An- und Ausziehen seiner Dienstkleidung brauchte. Der Arbeitgeber weigerte sich, da der Krankenpfleger die Kleidung auch zu Hause anziehen konnte.

Was hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?

Das Bundesarbeitsgericht hat dem Krankenpfleger Recht gegeben. Die Umkleidezeit ist Arbeitszeit, die vom Arbeitgeber vergütet werden muss. Dies gilt auch dann, wenn die Dienstkleidung vom Arbeitgeber gestellt wird und der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, sich zu Hause umzuziehen.

„Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Dienst-und Schutzkleidung bleibt in seinem Eigentum und wird von der/dem Beschäftigten für die Zeit der dienstlichen Verpflichtung zur Verfügung gestellt.“
Bei der Erstausstattung erhält das männliche Personal 6 weiße Hosen und 6 weiße Oberteile.
Tragen von Dienstkleidung: Jeder Beschäftigte ist verpflichtet während des Dienstes die entsprechende Dienstkleidung zu tragen. Der Arbeitgeber stellt Umkleideräume und abschließbare Schränke für jede/n Beschäftigten zur Verfügung.“ Der Kleidung könne der Mitarbeiter schon zu Hause anziehen, diese könne er auch öffentlich tragen, argumentierte der Arbeitgeber.

Warum?

Das Bundesarbeitsgericht hat argumentiert, dass das An- und Ausziehen der Dienstkleidung Teil der arbeitsvertraglichen Pflichten des Krankenpflegers ist. Die Dienstkleidung dient dazu, den Patienten zu schützen und die Hygiene im Krankenhaus zu gewährleisten. Der Krankenpfleger muss die Dienstkleidung daher während seiner Arbeitszeit tragen.

Was bedeutet das für andere Arbeitnehmer?

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist für alle Arbeitnehmer relevant, die Dienstkleidung tragen müssen. Die Umkleidezeit ist grundsätzlich Arbeitszeit und muss vom Arbeitgeber vergütet werden. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, sich zu Hause umzuziehen.

Ausnahmen:

Es gibt allerdings einige Ausnahmen von dieser Regel. So muss die Umkleidezeit nicht vergütet werden, wenn die Dienstkleidung nicht besonders auffällig ist und der Arbeitnehmer sie auch zu Hause tragen könnte. Dies ist zum Beispiel bei normaler Bürokleidung der Fall. Auch wenn die Parteien etwas anderes geregelt haben, z.B. in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.

Fazit:

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 6. September 2017, Urteil vom 06.09.2017, Az.: 5 AZR 382/16 war ein wichtiger Schritt für den Schutz der Arbeitnehmerrechte. Es stellt sicher, dass Arbeitnehmer für die gesamte Zeit, die sie für ihre Arbeit aufwenden, bezahlt werden.



Keine Erstattung einer Personalvermittlungsprovision durch den Arbeitnehmer

Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber eine von ihm für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB* unwirksam.

………

Die genannte Regelung in § 13 des Arbeitsvertrags – bei der es sich um eine kontrollfähige Einmalbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB** handelt – benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB* unwirksam. Der Kläger wird hierdurch in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründete Interessen der Beklagten gerechtfertigt wäre. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beendet. Es besteht deshalb kein billigenswertes Interesse der Beklagten, solche Kosten auf den Kläger zu übertragen. Der Kläger erhält auch keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könnte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juni 2023 – 1 AZR 265/22 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. Mai 2022 – 4 Sa 3/22 –

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht vom 20.06.2023



Covid: Testanordnung vom Arbeitgeber

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Anordnung einer Testpflicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 2 Gewerbeordnung (GewO) gedeckt ist. Das gebietet die Fürsorgepflicht gemäß § 618 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch im Rahmen der Umsetzung von arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen.

BAG – 5 AZR 28/22 – vom 01.06.2022

Hierbei ist der Einzelfall jedoch abzuwägen und beim Bestehen eines Betriebs- oder Personalrates, ist dieser, gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1, 7 BetrVG bzw. § 80 Abs. 1 Nr. 16, 18 BPersVG, zu beteiligen.


Grundlage u.a.

§ 618 Pflicht zu Schutzmaßnahmen, BGB
(1) Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.
(2) Ist der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der Dienstberechtigte in Ansehung des Wohn- und Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit diejenigen Einrichtungen und Anordnungen zu treffen, welche mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des Verpflichteten erforderlich sind.
(3) Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatz die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§ 842 bis 846 entsprechende Anwendung.

§ 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers, Gewerbeordnung
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.


Beweislast für Überstunden

Das Bundesarbeitsgericht hat bestätigt, dass die Beweislast bzgl. der geleisteten Arbeitszeiten weiterhin beim Arbeitnehmer liegt.

Auszuge aus der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts

„Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass vom Erfordernis der Darlegung der arbeitgeberseitigen Veranlassung und Zurechnung von Überstunden durch den Arbeitnehmer auch nicht vor dem Hintergrund der genannten Entscheidung des EuGH abzurücken ist. Diese ist zur Auslegung und Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und von Art. 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergangen. Nach gesicherter Rechtsprechung des EuGH beschränken sich diese Bestimmungen darauf, Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, um den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Sie finden indes grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer. Die unionsrechtlich begründete Pflicht zur Messung der täglichen Arbeitszeit hat deshalb keine Auswirkung auf die nach deutschem materiellen und Prozessrecht entwickelten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess.

Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, der Kläger habe nicht hinreichend konkret dargelegt, dass es erforderlich gewesen sei, ohne Pausenzeiten durchzuarbeiten, um die Auslieferungsfahrten zu erledigen. Die bloße pauschale Behauptung ohne nähere Beschreibung des Umfangs der Arbeiten genügt hierfür nicht. Das Berufungsgericht konnte daher offenlassen, ob die von der Beklagten bestrittene Behauptung des Klägers, er habe keine Pausen gehabt, überhaupt stimmt.“

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 4. Mai 2022 – 5 AZR 359/21 –

Vorinstanzen: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 6. Mai 2021 – 5 Sa 1292/20 –

Arbeitsgericht Emden, Teilurteil vom 9. November 2020 – 2 Ca 399/18 –

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht v. 04.05.2022



Covid: Kündigung wegen fehlender Corona-Schutzimpfung

Das Arbeitrsgericht Berlin hat entschieden:

Ein Arbeitgeber darf ein „2G-Modell“ durchsetzen und einer Mitarbeiterin noch vor Vertragsbeginn kündigen, die über keine Corona-Schutzimpfung verfügt, auch wenn die Mitarbeiterin anbietet ihm täglich Testnachweise vorzulegen. 

Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 03.02.2022, Aktenzeichen 17 Ca 11178/21

Quelle: Arbeitsgericht Berlin, Pressemitteilung (3/22) vom 2.3.2022



Wiederverheiratung kein Kündigungsgrund.

Regelt der Arbeitsvertrag mit einer Kirche, dass bei einem leitenden Angestellten, gemäß dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche, eine ungültigen Ehe einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß darstellt, so ist diese Vertragsklausel unwirksam.

“ Mit seiner Wiederverheiratung verletzte dieser weder eine wirksam vereinbarte Loyalitätspflicht noch eine berechtigte Loyalitätserwartung der Beklagten.“ so das Gericht.

Hierbei ist zu beachten, dass eine Ungleichbehandlung vorliegt, wenn
andere leitende Mitarbeiter, die nicht katholisch sind, keiner solchen Vertragsvereinbarung unterliegen.

Hier liegt eine Benachteiligung wegen einer Religionszugehörigkeit vor. Die Kündigung des Arbeitsvertrages war unwirksam.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Februar 2019 – 2 AZR 746/14 –


Quelle: Bundesarbeitsgericht , Pressemitteilung Nr. 10/19



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