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Covid: Testanordnung vom Arbeitgeber

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Anordnung einer Testpflicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 2 Gewerbeordnung (GewO) gedeckt ist. Das gebietet die Fürsorgepflicht gemäß § 618 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch im Rahmen der Umsetzung von arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen.

BAG – 5 AZR 28/22 – vom 01.06.2022

Hierbei ist der Einzelfall jedoch abzuwägen und beim Bestehen eines Betriebs- oder Personalrates, ist dieser, gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1, 7 BetrVG bzw. § 80 Abs. 1 Nr. 16, 18 BPersVG, zu beteiligen.


Grundlage u.a.

§ 618 Pflicht zu Schutzmaßnahmen, BGB
(1) Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.
(2) Ist der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der Dienstberechtigte in Ansehung des Wohn- und Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit diejenigen Einrichtungen und Anordnungen zu treffen, welche mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des Verpflichteten erforderlich sind.
(3) Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatz die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§ 842 bis 846 entsprechende Anwendung.

§ 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers, Gewerbeordnung
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.


Beweislast für Überstunden

Das Bundesarbeitsgericht hat bestätigt, dass die Beweislast bzgl. der geleisteten Arbeitszeiten weiterhin beim Arbeitnehmer liegt.

Auszuge aus der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts

„Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass vom Erfordernis der Darlegung der arbeitgeberseitigen Veranlassung und Zurechnung von Überstunden durch den Arbeitnehmer auch nicht vor dem Hintergrund der genannten Entscheidung des EuGH abzurücken ist. Diese ist zur Auslegung und Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und von Art. 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergangen. Nach gesicherter Rechtsprechung des EuGH beschränken sich diese Bestimmungen darauf, Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, um den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Sie finden indes grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer. Die unionsrechtlich begründete Pflicht zur Messung der täglichen Arbeitszeit hat deshalb keine Auswirkung auf die nach deutschem materiellen und Prozessrecht entwickelten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess.

Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, der Kläger habe nicht hinreichend konkret dargelegt, dass es erforderlich gewesen sei, ohne Pausenzeiten durchzuarbeiten, um die Auslieferungsfahrten zu erledigen. Die bloße pauschale Behauptung ohne nähere Beschreibung des Umfangs der Arbeiten genügt hierfür nicht. Das Berufungsgericht konnte daher offenlassen, ob die von der Beklagten bestrittene Behauptung des Klägers, er habe keine Pausen gehabt, überhaupt stimmt.“

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 4. Mai 2022 – 5 AZR 359/21 –

Vorinstanzen: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 6. Mai 2021 – 5 Sa 1292/20 –

Arbeitsgericht Emden, Teilurteil vom 9. November 2020 – 2 Ca 399/18 –

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht v. 04.05.2022



Berechnung des Mindestlohns

Für die Berechnung des mindestlohnrelevanten Bruttolohns können Arbeitgeber auch zum eigentlichen Stundenlohn weitere Leistungen mit einbeziehen, etwa Urlaubsgeld, ein 13. Monatsgehalt oder zur Lohnerhöhung dienende Einmalzahlungen.

Nicht zum Mindestlohn gehören Zuschläge für schwierige Arbeitsbedingungen etwa für Arbeiten in Räumen unter 6 Grad Celsius etc. Diese außergewöhnlichen Belastungen deckt der normale Lohn nicht ab, sondern nur die Zuschläge.

Auch vermögenswirksame Leistungen sind nicht bei der Mindestlohnberechnung zu berücksichtigen. Sie dienen nicht zur Deckung des täglichen Lebensbedarfes, sondern einer Vermögensansparung, deren Auszahlung nicht zeitnah erfolgt bzw. auch nicht gewiss ist.

EuGH, Urteil v. 07.11.2013, AZ C-522/12



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