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Online Heirat in Deutschland erlaubt?

Bundesgerichtshof erklärt Online-Eheschließung für unwirksam

Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Wirksamkeit einer von Deutschland aus per Videotelefonie vor einem Standesbeamten in Utah/USA geschlossenen Ehe entschieden.

Sachverhalt:

Die Antragsteller des Personenstandsverfahrens sind nigerianische Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland. Sie schlossen im Mai 2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde in Utah/USA. Während der Eheschließung befanden sich beide Antragsteller in Deutschland und gaben ihre Erklärungen im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton gegenüber der Behörde in Utah ab. Sie erhielten anschließend eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille. Nachdem die Eheschließung von einer deutschen Meldebehörde nicht als wirksam angesehen wurde, haben die Antragsteller die beabsichtigte (erneute) Eheschließung beim zuständigen Standesamt angemeldet. Das Standesamt hat eine Zweifelsvorlage beim Amtsgericht eingereicht mit der Frage, ob die Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung in Deutschland entgegensteht.

Bisheriger Verfahrensverlauf:

Das Amtsgericht hat das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller die Ehe in Utah geschlossen haben. Denn diese Eheschließung sei unwirksam. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Standesamtsaufsicht zurückgewiesen. Hiergegen hat sich die Standesamtsaufsicht mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde gewendet.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt.

Gemäß Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB kann eine (verschiedengeschlechtliche) Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Danach müssen die Erklärungen der Eheschließenden vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit abgegeben werden. Findet die Eheschließung dagegen im Ausland statt, kann das gegebenenfalls weniger strenge Recht des Eheschließungsorts angewendet werden.

Für die Eheschließung steht nach deutschem Rechtsverständnis der Konsens der Eheschließenden im Mittelpunkt. Daher ist auf den Ort der Abgabe der Eheschließungserklärungen abzustellen. Es genügt, dass eine der Erklärungen in Deutschland abgegeben wurde, weil damit ein wesentlicher Teil der Eheschließung im Inland verwirklicht wurde. Der hiervon abweichende Ort des Zugangs der Eheschließungserklärungen oder der ausländische Sitz des Trauungsorgans, an das die Erklärungen übermittelt werden, führen zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die Missachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Inlandsform hat zur Folge, dass die Online-Eheschließung vor der ausländischen Behörde im Inland unwirksam ist.

Da hier die Eheschließungserklärungen in Deutschland abgegeben wurden, hätte die nach inländischem Recht vorgeschriebene Form eingehalten werden müssen. Das war nicht der Fall, so dass die unwirksame Eheschließung der jetzt angemeldeten rechtlich nicht entgegensteht.

Vorinstanzen:

AG Köln – Beschluss vom 30. Dezember 2021 – 378 III 248/21

OLG Köln – Beschluss vom 8. März 2022 – 26 Wx 3/22

….

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 25. September 2024 – XII ZB 244/22

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2024 (Nr. 226/2024)



Härtefall – Scheidung ohne Trennungsjahr

Das deutsche Recht geht davon aus, dass eine Ehe nicht leichtfertig beendet werden soll, deshalb gibt es die Trennungszeit, in dem die Eheleute prüfen sollen, ob die Ehe tatsächlich beendet werden muss.

Wenn die Ehe aber eine unzumutbare Härte für einen Ehepartner darstellt, ist eine vorzeitige Scheidung unabhängig von der Trennungszeit möglich. In Ausnahmefällen kann eine Scheidung auch dann beantragt werden, wenn die Ehepartner noch keine Trennungszeit von einem Jahr oder drei Jahren eingehalten haben. Dies ist möglich, wenn die Ehe für einen der Partner eine unzumutbare Härte darstellt. Der Gesetzgeber sieht hierin jedoch einen Sonderfall, deshalb wird an die Voraussetzungen eines Härtefalles bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Der Anlass muss durch den anderen Ehepartners verursacht worden sein und muss für den Antragsteller eine unzumutbare Härte darstellen.

Härtefall bedeutet:

  • Eine vorzeitige Scheidung ist möglich, wenn die Ehe für einen Ehepartner eine unzumutbare Härte darstellt (§ 1565 Abs. 2 BGB).
  • Die Ehe muss zerrüttet sein.
  • Der Härtefall muss durch den anderen Ehepartner verursacht worden sein.
  • Er muss für den Antragsteller eine unzumutbare Härte darstellen.

Beispiele für Härtefallgründe:

  • Gewalt oder Missbrauch in der Ehe
  • Eine schwere Krankheit oder Behinderung eines Ehepartners
  • Eine Verurteilung eines Ehepartners wegen einer Straftat
  • Alkohol- oder Drogenmissbrauch 
  • Aufforderung zu sexuellen Perversionen gegen den Willen des Ehepartners
  • Schwere Beleidigung Bedrohung , Morddrohungen des Ehepartners
  • Eheschließung zum Erhalt einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung
  • Prostitution 
  • Suizidversuche

Diese „Begriffe“ selbst stellen noch keinen Härtefall dar, sondern sind nur indizieren, die im Gerichtsverfahren näher zu erläutern sind und belegbar sein müssen. Die Auslegungen der Härtefallgründe haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte geändert, insoweit muss der Einzelfall in jeder Ehe genau beachtet werden. Eine pauschalisierte Betrachtung ist nicht möglich. Ein Ladendiebstahl wird unter Umständen anders zu bewerten sein, als ein Diebstahl innerhalb der Familie, unabhängig von der Höhe einer Verurteilung.

§ 1565 Scheitern der Ehe

………

(2) Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.



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